August09, urticaria pigmentosa?
Datum: 12.September 2009
Thema: Fall des Monats


august09
Dr. R.:
Die Mutter berichtet: Beginn im Mai 2008 mit einem kleinen „blauen Fleck“ in der Beckengegend. Vereinzelt ähnliche Flecken in den nächsten Wochen. Zwischenzeitlich keine Änderung: vereinzelt bläulich-lilafarbene Flecken. Anfang August Zunahme der "blauen Flecken" Im Urlaub ( Ende August 2008) waren die Hauterscheinungen fast weg, Haut würde sich bei Luft und Sonne erholen. Im September auf dem Boden der blauen Flecken einen Ausschlag bekommen. Starker Juckreiz, bis zu Schmerzen, Aufblühen der gesamten Haut. Blutiges Aufkratzen vor allem an den Unterarmen, Scheidengegend aufgequollen, dunkellila Farbe, ganz dick. September bis Oktober Ausschlag stationär, Juckreiz besser (s. Bilder). Der Allgemeinzustand war gut, aber starker Juckreiz. Von der hinzugezogenen Dermatologin wurde eine pityriasis rosea diagnostiziert. Langsames Zurückgehen der Hauterscheinungen im Winter, aber Stellen an Oberschenkel und Unterarminnenseiten immer noch betroffen. Familienanamnese: 2 Geschwister haben keine Hautprobleme. Mutter habe ein „Schuppenflechtenrheuma“ in den Fußgelenken, keine Hauterscheinungen. Großvater (mütterlicherseits) hat eine stark ausgeprägte Psoriasis.
Ausschlag1 Abb.1: Die Haut im Bereich des Rumpfes und der Extremitäten ist übersät mit dicht stehenden nicht erhabenen, meist rundlichen großen makulae. Hände und Füße bleiben frei, Gesicht ebenso.
Ausschlag3
Abb.2: Im Bereich des vorderen Rumpfes
verschieden große pigmentiert wirkende makulae,
nicht erhaben.
Auschlag2
Abb.3: Detailaufnahme rechter Unterarm mit verschieden großen pigmentiert wirkenden makulae. Erkennbar eine diskrete Schuppung!

1 Jahr später im Rahmen der U9 erneut Vorstellung beim Kinderarzt. Die Effloreszenzen noch diskret nachweisbar, wobei der Eindruck besteht, dass nur die Intensität abgenommen hat. Die ausgeprägten pigmentierten Flecken nach etwa 1 Jahr immer noch an gleicher Stelle zu sehen. Keine subjektiven Beschwerden.
Kontrolle1
Kontrolle3
Abb.4a und b: Die Haut im Bereich des Unterbauchs und des Rückens ist übersät mit unregelmäßig dicht stehenden, meist rundlichen makulae, die pigmentiert wirken. Hande und Füße, sowie Gesicht bleiben frei.


Dieser nahezu unveränderter Hautbefund nach gut einem Jahr spricht inzwischen gegen eine pityriasis rosea, die über einen so langen Zeitpunkt absolut unwahrscheinlich wird. Man könnte von der Morphe her an die naheliegenden "prima vista" Diagnose "urtikaria pigmentosa" denken. Die urtikaria pigmentosa hier mit der hämorrhagischen Ausprägung ist im Kindesalter häufiger bereits im Neugeborenenalter anzutreffen, ein Auftreten im Alter von 4 Jahren aus völliger Beschwerdefreiheit ist zumindestens ungewöhnlich. Dabei könnte die zwischenzeitliche Schuppung der Hautveränderungen nach wenigen Monaten durchaus an eine überlappende pityriasis rosea zu denken lassen. Auch der blande Verlauf trotz starkem Juckreiz spricht nicht gegen eine solche Diagnose. Eine pityriasis lichenoides chronica kommt differentialdiagnostisch ebenfalls in Frage. Typisch ist auch hier der chronische Verlauf, außer Juckreiz bestehen wenig subjektive Beschwerden.
Diese Verdachtsdiagnose ist mit Hilfe einer Probebiopsie zu untermauern. Da der Allgemeinzustand des Kindes jedoch stets gut war, ist eine solche bisher noch nicht durchgeführt worden.

Kontrolle1
Abb.5:
Detailaufnahme im Bereich des Lendenbereichs, verschieden große pigmentiert wirkende makulae.
Kontrolle3
Abb.6: Detailaufnahme der Unterarme mit deutlich abgeblassten Flecken.

Differentialdiagnostisch kommen ähnliche Krankheitsbilder wie unten abgebildet in Frage: purpura chronica progressiva, Psoriasis (familiäre Belastung!), pityriasis rosea, urtikaria pigmentosa. Die generalisierte Form der Hautveränderungen mit Aussparung des Gesichts und der Hände und Füße sind mit ein Baustein zur Diagnosefindung.

psoriasis guttata
urtikaria pigmentosa
pityrisis rosea
purpura pigmentosa progressiva (M. Schamberg)
Bild aus Dermatlas

Bild aus dermIS

pityriasis lichenoides chronica

pityriasis lichenoides chronica




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