Borreliose
Datum: 02.März 2003
Thema: Infektionskrankheiten


ZeckenbildDie akute Borreliose
... ist eine durch Zecken ĂŒbertragene Erkrankung, die im Gegensatz zur FSME (= FrĂŒh- Sommer- Meningo- Enzephalitis) nicht nur in manchen Gebieten auftritt, sondern ĂŒberall in Deutschland vorkommt.

Die Borreliose ist eine bakterielle Infektion und somit einer antibiotischen Behandlung zugÀngig. Man nennt sie auch "Lyme-Borreliose" (oder "lyme disease"), da sie im Jahre 1975 in einer kleinen Stadt Lyme in Conecticut/USA entdeckt wurde:
Hier hÀuften sich bei Kindern unklare Gelenkserkrankungen. Ein Zusammenhang zwischen diesen Gelenkserscheinungen und einem bestimmten Hautausschlag nach Zeckenbissen wurde gesehen. Als Infektionserreger wurden verschiedene Borrelienarten in Zecken erkannt. Diese nannte man nach dem Erstbeschreiber "borrelia burgdorferi".
Fraglich sind auch andere ÜbertrĂ€ger (Insekten?) dieser Borrelieninfektion.
Die Zecken sind in manchen Gegenden und Regionen bis zu 30% mit Borrelien infiziert. Das Infektionsrisiko nach einem Zeckenstich nimmt mit der Dauer des Saugkontaktes ĂŒber 24 Stunden und lĂ€nger zu. Das Risiko einer Infektion mit Borrelien nach dem Biss einer Zecke wird auf 10% geschĂ€tzt, wĂ€hrend eine Erkrankung nur in 2-4% zu erwarten ist.
Im Kindesalter bietet diese Erkrankung eine Vielzahl von Symptomen, die an verschiedenen Organsystemen auftreten können. Am hÀufigsten sind Hauterscheinungen, die sogenannte "Wanderröte" und das "Borrelien-Lymphozytom".
WanderroetebildDie Wanderröte (= erythema migrans) bildet sich etwa nach 1 bis 3 Wochen um den Zeckenstich herum: Es beginnt mit einer scheibchenförmigen Rötung, die sich zentrifugal ausbreitet (deswegen Wanderröte) und dabei typischerweise zentral blasser wird und abheilt. Das erythema migrans ist hÀufig an den unbedeckten Körperstellen zu finden, z.B. an den Beinen, im Nacken- und Kopfbereich, kann an mehreren Stellen gleichzeitig auftreten und - wenn nicht behandelt wird - auch wiederkommen.
Das Lymphozytom (= lymphadenitis cutis benigna)zeigt sich als Rötung mit Hautverdickung und findet sich besonders gern an den OhrlÀppchen, den Brustwarzen Ohrlymphozytom und am Hodensack. Es ist als Hauterscheinung sehr viel seltener und kann auch noch Monate spÀter nach der stattgehabten Infektion auftreten.
Als drittes HautphÀnomen wird die sogenannte
"acrodermatitis chronica atrophicans" beschrieben, die bei Kindern nicht auftritt sondern als chronische SpÀtmanifestation bei Erwachsenen gilt: Es kommt an den Beinen zu HautverschmÀchtigungen verbunden mit einem brÀunlich-blÀulichen Hautauschlag. Dieser Befund bleibt bestehen, ist also chronisch.

FĂŒr den Arzt und natĂŒrlich auch fĂŒr den Patienten bzw Eltern ist besonders wichtig, dieses Stadium der Wanderröte bzw des Lymphozytoms zu erkennen, da hier eine frĂŒhe antibiotische Behandlung eine schnelle Besserung bringt. Insbesondere genĂŒgt es, das notwendige Antibiotikum oral zu verabreichen, in einem spĂ€teren Stadium ist dies nicht mehr ausreichend: hier muss intravenös behandelt werden.
Neben diesen lokalen Erscheinungen auf der Haut, die mitunter auch infizierten Insektenstichen Ă€hneln können, kann es im Stadium der Bakterienaussaat - ins Blut und in die Organe - zu GelenksentzĂŒndungen kommen. Hier sind im Kindesalter vorwiegend die Kniegelenke (KniegelenksergĂŒsse) betroffen. Des weiteren werden vor allem Gehirn und Nerven befallen, es kommt zur sogenannten Neuroborreliose. Diese Neuroborreliose bei Kindern ist gekennzeichnet durch LĂ€hmungen vorzugsweise des Gesichtsnerves (= Facialisparese) oder selten auch anderer Hirnnerven. Auch leichte HirnhautentzĂŒndungen kommen isoliert vor oder sind kombiniert mit NervenlĂ€hmungen. Der Befall anderer Organe -aber sehr viel seltener- finden sich an Augen, Herz und Muskeln. In diesem Stadium der Infektion (=Generalisierung) ist eine intravenöse antibiotische Behandlung notwendig, die mindestens 2 Wochen lang andauern muss.
Die Heilungsaussichten sind im Kindesalter gut, weniger gĂŒnstig aber im Erwachsenenalter. Hier gibt es immer wieder chronische VerlĂ€ufe: das oben beschriebene HautphĂ€nomen (=akrodermatitis chronica atrophicans), Hirnleistungsstörungen und GelenksverĂ€nderungen.
Oft ist die Diagnose nicht schnell zu stellen, weil -Ă€hnlich wie bei der FSME- das Ereignis des zurĂŒckliegenden Zeckenbisses nicht mehr erinnerlich ist und man immer noch zu wenig an die Borrelieninfektion denkt. Wenn die Krankheitserscheinungen nicht eindeutig auf eine Borrelieninfektion hindeuten, mĂŒssen exakte Laboruntersuchungen im Blut und im Liquor (=RĂŒckenmarksflĂŒssigkeit), die die Antikörperbildung nach dieser Infektion widerspiegeln, durchgefĂŒhrt werden. Die Interpretation dieser Laborbefunde ist mitunter nicht einfach, so dass zur endgĂŒltigen KlĂ€rung der Diagnose einige Zeit verstreichen kann.
Also was tun und beachten, wenn mein Kind von einer Zecke gebissen wurde? NatĂŒrlich zuallererst die Zecke mittels Pinzette bzw Zeckenzange korrekt entfernen bzw entfernen lassen. Danach ist es besonders wichtig, die Hautgegend um den Stich herum in den nĂ€chsten Tagen und Wochen zu beobachten. Bei einer verdĂ€chtigen Rötung um die Stichstelle, aber auch in der weiteren Umgebung, einem eventuellen blassen Hof in der entstandenen Rötung, sollte man den Arzt aufsuchen, um eventuell frĂŒhzeitig das Stadium einer Wanderröte zu erkennen. Bei verdĂ€chtigen VerĂ€nderungen an den OhrlĂ€ppchen, den Brustwarzen und dem Hodensack immer an mögliche Zeckeneinwirkungen denken!
Leider ist es ja oft so, dass viele Eltern - wenigstens in unseren Breiten, die an FSME-Risikogebieten angrenzen, - sehr sensibilisiert sind auf mögliche FSME- Erkrankungen, also vorwiegend nur an den virusbedingten Infektionsweg bei stattgehabten Zeckenbiss denken und sich oft -da ihr Kind ja vielleicht geimpft ist- in falscher Sicherheit wiegen. Gegen die Borrelieninfektion gibt es in Deutschland noch keine Impfung. Eine antibiotische Behandlung aber hat nach wie vor gute Heilungschancen bei Kindern.

sehr informativer wissenschaftlicher Übersichtsartikel hier als PDF- Datei

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